Und schon wieder neigt sich das Jahr dem Ende zu. Ja, 2016 hatte nicht viel Schönes zu bieten. Zumindest wenn man sich die aktuelle Weltlage ansieht. Ein sexistischer, rassistischer Milliardär wurde zum Präsidenten Amerikas gewählt, Aleppo ist zerstört, rechtskonservative Parteien erleben weiterhin Aufwind und immer noch befinden sich weltweit Millionen Menschen auf der Flucht. Aus Verzweiflung und weil keine Hoffnung sichtbar ist. Sie nehmen unvorstellbare Strapazen auf sich und kommen, wenn sie “Glück” haben, an die Grenzen Europas. Dort erwarten sie aber wenig Perspektiven.

“Wir unterstützen die Menschen durch Entwicklungshilfe ja vor Ort”. Ja, diesen Satz können wir langsam nicht mehr hören. Erinnert er uns doch auch an die Zeiten des Kolonialismus. Es wirft die Behauptung auf, alle aussereuropäische Gesellschaften in Afrika, Asien und Lateinamerika seien rückständig. Unser Interesse zum Beispiel am afrikanischen Kontinenten beruhte vor allem auf dem Interesse an einer Rohstoffquelle und einem Absatzmarkt für unsere Produkte. Die in den vergangenen Jahren ausgehandelten Handelsabkommen sind klarer Beweis dafür. Diese dienen keinenfalls den Menschen vor Ort. Im Gegenteil: Solche Handelsabkommen verdrängen durch Abschaffung von Importzöllen und -gebühren die kleinen Produzenten vom Markt und bringen globalen Konzernen mehr Profite.

“Wenn man gleichzeitig viel Steuergeld mit verschiedenen Entwicklungsprogrammen nach Afrika bringt, dann sollte man nicht mit den Wirtschaftsverhandlungen kaputt machen, was man auf der anderen Seite als Entwicklungsministerium versucht aufzubauen”, so Günter Nooke, Afrikabeauftragter der Bundeskanzlerin Angela Merkel und Parteimitglied der CDU. Eindeutig kein Linker, doch er bringts auf den Punkt bezüglich unserer Scheinheiligkeit.
Uns geht es mit unserer Politik vor allem um die Interessen der Konzerne und Reichen. Dass wir mit solchen Abkommen aber Millionen Menschen in finanzielle Nöte bringen, wird ignoriert. Diese Freihandelsverträge sind zugespitzt “Europas Massenvernichtungswaffen”, wie es Aminata Traoré, die Sprecherin des “Forum für ein anderes Mali” auf den Punkt bringt.

Die Flüchtenden sind einmal mehr Träger_innen der Botschaft, dass unsere Weltwirtschaftsordnung extrem ungerecht ist. So setzt die Flüchtlingsdebatte auch die Verteilungsfrage im globalen Massstab wieder auf die Agenda. “Wer für weniger Fluchtursachen ist, muss den ökonomischen Imperialismus sowie die soziale Ungleichheit bekämpfen”, so ist auch Katja Kipping, Parteivorsitzende der Partei Die Linke, überzeugt.

Ja, das Jahr war nicht unbedingt einfach. Wie oft machte sich doch auch bei mir in den letzten Monaten eine gewisse Hilflosigkeit und Ernüchterung breit. Was will ich überhaupt bewirken, wofür meine Energie einsetzen?
Doch wir dürfen uns nicht unterkriegen lassen, würde das doch unseren Gegner_innen nur noch helfen. Vielmehr müssen wir umso gestärkter ins 2017 gehen. Die pessimistisch stimmenden Feststellungen müssen wir umwandeln in einen Schaffens- und Gestaltungswillen. Kämpfen wir weiterhin unermüdlich für unsere Ideale und machen auf die internationalen Zusammenhänge aufmerksam – auf der Strasse, in der Schule, an der Uni, im Arbeitsbetrieb, in der Familie und im Freundeskreis. Auf dass im neuen Jahr der Weg für einen Wandel geebnet wird!